Flickenteppich auf dem Dach
Seit Ende März ist der „Sonnenstein“ eingedeckt und das Gebäude sieht aus, als hätte es schon immer an seinem neuen Standort in Cloppenburg gestanden. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Eingang des Museumsdorfes können die Besucher einen Blick auf das neue alte Haus werfen. Dabei ist bereits zahlreichen Gästen aufgefallen, dass das Dach einen deutlichen Flickenteppich aus unterschiedlichen Dachpfannen zeigt. „Dat mot önlick dörmischket wärn!“
Richtig! So macht es der Fachmann, wenn unterschiedliche Dachpfannen verwendet werden müssen. Dadurch fällt nicht so auf, dass z.B. ein Anbau hinzugekommen ist oder ein Loch im Dach neu eingedeckt werden musste. Im Falle des „Steins“ verhält es sich aber anders.
Das Museumsdorf hat sich ganz bewusst dafür entschieden, die z.T. vorhandene originale Dachpfannenstruktur zu erhalten (eben mit deutlich großen Flickbereichen). Darüber hinaus mussten originale Pfannen durch andere gebrauchte ersetzt werden. Diese Dachpfannen haben wir nicht über das ganze Dach verteilt, sondern ebenfalls in großflächigen Stücken eingefügt.
Zunächst entspricht dies also dem historischen Befund des Daches. Jeder, der den „Stein“ aus seinen Glanzzeiten kennt, weiß aber, dass das Vorgehen „Flicken“ quasi das Hausmotto war.
Im „Sonnenstein“ wurde immer nur ergänzt, übertapeziert oder übermalt. In so mancher Nacht- und Nebelaktion wurde um Bilder, Lampen und Lichtschalter herum ein neuer Wandanstrich angebracht. Das musste alles immer recht schnell gehen, denn der Discobetrieb durfte durch diese punktuellen Renovierungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt werden. War ein Effektlicht an der Discodecke ausgefallen, wurde daneben einfach ein Neues installiert. Daher lässt sich im „Stein“ auch die Entwicklung in der Effektlichtbranche von der Decke ablesen. Nahezu alle Einrichtungsgestände wurden gebraucht gekauft und dann im „Stein“ irgendwie eingepasst. So hat z.B. die Holztheke im Discoraum auf der Wandseite eine seltsame Einbuchtung. Wofür, mag sich so mancher Besucher gewundert haben – für gar nichts. Dort wo die Theke ursprünglich eingebaut war, befand sich an dieser Stelle ein Schornstein.
Größere Maßnahmen wurden vorgenommen, wenn das Gewerbeaufsichtsamt darauf bestand. So musste die Durchreiche zur alten Sektbar zugemauert werden. Weil das nicht so gut aussah, wurde dann einfach das Cadillac-Bild in Auftrag gegeben und kaschierte so das ausgemauerte Loch in der Wand.
Den Charme, den der „Stein“ bis zuletzt hatte, verdankt er den langjährigen Besitzern Gunda und Klaus Sengstake und ihrer Art, die Disco zu führen. Die familiäre Atmosphäre und gerade die „Flickschusterei“, das Behelfsmäßige, sind ein wichtiger Teil der Gebäudebiographie. Das Museumsdorf will und muss dies berücksichtigen, erhalten und so gut wie möglich auch vermitteln.
Daher vielen Dank an die zahlreichen Besucher, die auf den Flickenteppich der Dachpfannen aufmerksam geworden sind und uns darauf angesprochen haben. Damit haben wir schon vor der Eröffnung des Gebäudes einen Teil seines Charakters vermitteln können.
(3.04.19 wt)